Auf Schneeschuhen durchs Tal der Liebe

Die Spur von gestern: schon lange verweht und zugeschneit. Bin ich der Erste, der durch diesen Schnee stapft? Bleibe ich auch der Einzige, denn morgen ist es wieder frisch? Der Schnee und der Nebel verleihen der Vergänglichkeit Ausdruck.

Vergänglichkeit

Die Sandburg am Strand.

Das Kreidebild auf dem Weg.

Der warme Sommer.

Das Blatt auf dem Waldboden.

Die Spur im Schnee.

Du.

Ich.

In Südamerika haben wir uns immer mal wieder versteckt. Anhalten, durchatmen, sacken lassen, die Muse einladen. Nach einem halben Jahr wieder hier, ist es nun auch wieder mal Zeit für ein Versteck. Raus aus dem Alltag, ihn vergänglich sein lassen. Hinaus in die Berge.

Unser Versteck ist in Tirol am Brenner, genauer: im Navis Tal, auch das Tal der Liebe genannt. Mit dem Zug kommen wir nachmittags an und quartieren uns im Gasthof Eppensteiner ein. Im Gepäck sind die Schneeschuhe und das Notizbuch.

Das Wipptal, welches zum Brenner führt, erreichst Du leicht mit der S-Bahn aus Innsbruck. Im Tal selbst verläuft die Autobahn und die Zugstrecke. Im Naviser Tal ist es ruhig, ein Lädchen am Kirchplatz, ein Schnapsbrenner, ein paar Gasthäuser. Jip, Treffer!

Im Winter hinaus in den Schnee – das hat mich als Kind schon immer fasziniert. Durch den tiefen Schnee stapfen. Alles sieht so niedlich aus. Mit den Schneeschuhen unter den Füßen erlebe ich das immer wieder: in kindlicher Freude kreuz und quer durch die Landschaft.

Das Naviser Tal hat einen breiten Talschluss und ist zum Winterwandern wie gemacht. Die Hänge sind nicht zu steil, sodass im Almgebiet nur sehr selten Lawinengefahr besteht. Also: Schneeschuhe angeschnallt und nix wie los.

Almenrunde zur Naviser Hütte

Eine tolle Runde durch den Talschluss! Am oberen Ortsende startest Du erst durch den Wald, später öffnet sich das Gelände. Es geht nur mäßig bergan, Du kannst entspannt in die verschneite Welt eintauchen.

Der Weg führt Dich immer weiter ins Tal hinein, es wird enger. Du überquerst den Bach und beginnst in Kurven aufzusteigen. Letztlich erreichst Du die ganz hinten versteckte Klamm-Alm. Die Alm ist zu, aber es gibt einen offenen Raum für eine kurze Rast.

Die Naviser Hütte reichst Du dann in leichtem Auf und Ab durch den Wald. Nun bist Du auf dem Ausguck das Tal hinaus angelangt. Jetzt obligat: Apfelstrudel! Nun hast Du zwei Möglichkeiten: Bei frischem Schnee kannst Du leicht links der Hütte durch den Wald fast in Falllinie den Hang runter hüpfen oder Dir einen Rodel ausleihen und auf dem Waldweg in einigen spitzen Kehren hinab sausen. In beiden Fällen kommst Du am unteren Ortsende an.

Gehzeit: 4-5 Stunden
Höhenmeter: 550 Hm (hoch und runter)
Orientierung: leicht, gute Beschilderung

Misl- & Stroblalm-Kracher

Klassischer Schneeschuh-Kracher zu einer der Hochalmen. Hinter der Kerschbaumsiedlung beginnt der Wanderweg zur Mislalm. Er führt dich durch dichten Nadelwald in Kehren langsam hinauf. Es gibt einige steilere Abkürzungen, aber die verschneiten Bäume sind wunderschön.

Das Almgelände ist recht wellig und offenbart Dir Weitblicke nach Süden und tief ins hintere Tal hinein. Die Alm selbst ist auch geschlossen, es hat aber dort einen schönen Rastplatz.

Nun kommt der Kracher-Teil der Wanderung: Du querst noch ein ganzes Stück hinüber zur Stroblalm. Dort gibt es in Falllinie direkt wieder hinab ins Dorf. Mit Vollgas den Hang runter springen – bei Neuschnee ist das der Hammer!

Bei Altschnee und Sonnenschein bleib am besten einfach noch oben und quere weiter bis zur Schneideralm. Genieße weiterhin den grandiosen Ausblick auf die Tuxer Alpen und steige dann durch den Wald wieder ab ins Dorf.

Gehzeit: 4-5 Stunden
Höhenmeter: 700 Hm (hoch und runter)
Orientierung: leicht, nicht zu früh runterkrachen, der Graben ist sehr steil.

Zweimal ums Eck zur Urbesalm

Du steigst ab dem unteren Ortsende zur Naviser Hütte auf. Dabei kannst Du entweder der Rodelstrecke / Forststraße folgen oder direkt durch Wald und Wiesen aufsteigen. Oben angekommen hälst Du Dich nach rechts. Ein kleiner Steig führt Dich durch den Wald ums Ecks und ein wenig hinab ins Tal des Weirichbachs.

Gerade hinauf kannst Du der Blasigleralm einen Besuch abstatten oder weiter um die nächste Schulter hinüber zur Urbesalm wandern. An beiden Almen hast Du einen schönen Ausblick auf die Berge ringsrum und auch Deine Ruhe, denn auch sie sind im Winter geschlossen.

Zurück nach Navis gelangst Du wieder in Rekordzeit: Zuerst über die Wiesen hinab, dann gemütlich am Bachlauf entlang.

Gehzeit: 3-4 Stunden
Höhenmeter:  500 Hm (hoch und runter)
Orientierung: mittel, leichter bei guter Sicht

Know How: Mit Schneeschuhen gehen

Schneeschuh-Gehen im flacheren Gelände ist sehr einfach. Mit ein paar Wanderstöcken hältst Du auch auf steileren Passagen die Balance. Die vorgestellten Routen sind einfach und laden zum Kennenlernen von Schneeschuhen ein.

Sobald das Gelände steiler wird, kann es aber auch ganz schön anstrengend werden: wenn Du Dich nach oben wühlen musst. Da ist dann ein gehöriges Maß an Kraft und vor allem Willen notwendig. Deshalb solltest Du gerade bei direkten Abstiegen aufpassen, damit Du nicht in eine Sackgasse kommst und wieder hoch musst.

Steigst Du weit über die Baumgrenze und das Almengelände auf, dann solltest Du Dich intensiv mit der Lawinengefahr auseinandersetzen, nicht alleine gehen und spezielle Ausrüstung mitnehmen. Die Alpenvereine bieten dazu spezialisierte Kurse an, die wir Dir empfehlen.

Geheimtipp: Edelbrennerei Hörtnagl

Im Dorf hören wir vom Brenner Franz Hörtnagl, der ausgezeichnete Obst-Schnäpse herstellt. Nach der Almenrunde im wilden Schneegestöber kommen wir gut eingezuckert bei Hörtnagls an. Maria empfängt uns herzlich. Zuerst gibt es eine leckere Jause mit eigenem Speck, Almkäse und heißen Pellkartoffeln. Genau das richtige nach einem Tag im Schnee.

Danach beginnt die extrem leckere Verkostung. Maria klärt uns über alle Aspekte des Schnaps-Trinkens auf: Die Auswahl der Gläser, die verschiedenen Brände, die Tradition des Schnapsbrennens in Tirol, die guten Tropfen, die sie uns einschenkt. Wir riechen und schmecken uns durch leckere Marillen, Birnen, Meisterwurz und Pflaumen. G’sundheit!

Stolz zeigt uns Franz noch seinen Brennkessel. Es geht nun um Zollvorschriften, Eichmaße, Vorlauf-Abtrennung, Brenntemperaturen und -zeiten, Obstbehandlung. Das ist schon eine Wissenschaft für sich, aber der Franz kennt sich damit nicht nur aus, er kann es auch erklären.

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=p_xFY4WBpmM

Auch unsere Tage im Tal der Liebe sind vergänglich. Gegangen sind wir ja in der Tat auch viel. Wir hatten Winter-Wonder-Land mit zwei Tagen Dauer-Schneefall und viel, viel frischem Pulver. Navis, leb wohl – wir kommen mal wieder.


Reise-Infos:

Anreise:

  • Mit Bahn oder Bus nach Innsbruck.
  • Mit der S-Bahn nach Matrei am Brenner.
  • Mit dem Bus ins Tal (werktags, alle 30 Minuten)

Unterkünfte:

Landkarte:

  • Skitourenkarte Navis (liegt in allen Gasthäusern aus und enthält alle beschriebenen Routen)

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Wir wünschen Dir viel Freude beim Schneeschuh-Wandern!

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