Ohne Wasser – was machst du da? Nichts.

“Und du lebst hier allein? Ganz allein?”

Hemd und Jacke sind gezeichnet von langen arbeitsreichen Tagen, der Blick durchdringend und direkt, die großen rauen Hände erzählen von einem Leben in der Natur. Ja, er wohnt hier allein, seit vielen Jahren schon. Abseits vom Trubel der Welt auf fast 4.000m Höhe in den Bergen der Sierra Los Nevados in Zentralkolumbien.

Wir treffen Gerardo an den heißen Thermalquellen von Cañon del Tolima, wo er allein in seiner winzigen Hütte lebt – ohne Strom, ohne ein Bett das diesen Namen verdient und ohne einen Ofen. Das Wasser kommt aus einem Schlauch direkt vom Berg. Ein einfaches Dach bietet ein wenig Schutz vor den harschen Wetterkapriolen, der Raum ist offen und auf dem gestampften Erdboden mischt sich die Kohle vom letzten Feuer mit dem herein getragenen Schlamm. Die Batterien vom Radio sind seit Langem leer. Es ist kühl. Zum Kochen und Heizen dient eine offene Feuerstelle, welche das Häuschen nach kurzer Zeit in eine wohlig nach Rauch duftenden Höhle verwandelt.

Je nach Anstiegsroute sind es ein bis zwei stramme Tagesmärsche aus der Zivilisation oder hinab ins Tal. Ab und zu schaut mal ein Bauer mit seinem Pferd vorbei, oder eine kleine Gruppe Touristen bucht eine Pferdetour zu den Quellen. Bei schlechtem Wetter lässt sich oft aber auch keine Menschenseele blicken.

Warum lebt jemand freiwillig in dieser Abgeschiedenheit, in solch bescheidenen Umständen?

Gerardo zuckt nur mit den Schultern. Er kümmert sich um die Thermalquellen. Er versorgt die Pferde, versorgt ankommende Besucher mit leckerem Tee und züchtet Bäume. Und er wirkt sehr zufrieden damit.

Ich (Christiane) muss unweigerlich an dieses Lied denken und frage mich wie er das wohl so macht – so ganz ohne die Annehmlichkeiten der Zivilisation, Familie, Freunde, Kino, Musik…

Sein wettergegerbtes Gesicht und die rudimentär anmutende Lebensumgebung machen uns neugierig auf ein Gespräch mit diesem Eremiten. Der starke Dialekt verkompliziert die Kontaktaufnahme allerdings erheblich, dazu kommt der ein oder andere fehlende Zahn und generell ist Gerardo nicht gerade ein Plappermaul.

Dennoch: den kurze Einblick, den er uns in seine Gedankenwelt gewährt hat, möchten wir gern mit euch teilen (übersetzt aus dem Spanischen):

INTERVIEW

Was ist dein Geheimnis um sich hier oben nicht einsam zu fühlen?

Naja, ich hab ja die Vögel, den Berg, die Leute die hier ankommen, die Bäume, den Wind. Ich bin niemals allein, ich habe Gesellschaft.

Was ist das Wichtigste in deinem Leben und warum?

Das Wichtigste, was mich glücklich macht, ist meine Gesundheit. Das ist das Allerwichtigste.

Ja klar, hier draußen gibt es natürlich keine Ärzte. Wenn du eine Botschaft an die Welt senden könntest, irgendeinen Rat, was würdest du sagen?

Klar, eine Nachricht an die Welt da draußen: lasst uns um die Natur kümmern, unsere Art zu leben. Die Gewässer der Welt. Denk an den Krieg ums Wasser. Ich wünschte, dass jeder der hier zuhört, sich um die Gewässer der Erde kümmert. Das ist die beste Botschaft, die ich in die Welt schicken könnte. Ohne Wasser – was machst du da? Nichts.

Und, hast du einen Wunsch?

Mein Wunsch ist – es werde Frieden. Frieden in der ganzen weiten Welt. Wir wollen keinen Krieg, sondern Frieden. Auf dass es keine Diskriminierung geben möge, jeder sei gleich.

Wir brechen nach einer gemütlichen Zelt-Nacht direkt neben seinen Thermalbecken am nächsten Tag ins Tal auf. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine andere Lebenswelt und einen außergewöhnlichen Menschen.


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Gerardo

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