Rakaposhi-Basecamp im Hunza-Tal

Wanderungen in Pakistan sind Orte der Ruhe in dem unendlichen Fluss an Begegnungen mit Menschen im pakistanischen Alltag: Du weißt nie, was als Nächstes kommt. Es ist immer gut gemeint, aber in keiner Weise vorhersehbar. Also los, auf zum Basecamp des Rakaposhi: Eine 2-Tages-Wanderung hinauf ins Becken des Minapin-Gletschers umrahmt von den steilsten Eiswänden der Welt.

Wir hatten unser Zivilisations-Lager im kleinen Dorf Karimabad aufgeschlagen. Von hier aus erkundeten wir das Hunza-Tal und den Karakorum. Wir waren umgeben von wilden und steilen Spitzen, alle weit über 6.000m hoch. Über dem Dorf ragt das Fort Baltit, der Sitz des ehemaligen Königs der Hunza. Heute ist es ein Museum mit fantastischem Blick auf den höchsten Berg mit der leuchtenden Wand: den Rakaposhi (7.788m)

Die Berge im Karakorum sind extrem steil, es finden sich kaum lange Täler für mehrtätige Wanderungen, die nicht komplett vergletschert sind. Wir hatten den Trek zum Rush Lake schon im Blick, wollten aber nochmals los auf eine Vorbereitungstour um einerseits die Anforderungen an die Wegefindung besser zu verstehen, andererseits um uns weiter an die Höhe anzupassen.

Das Basecamp auf ca. 3.450m Höhe auf der Nordseite des Rakaposhis erschien uns als die richtige Wahl nach der eher spaziergangähnlichen Wanderung zur Märchenwiese. Dort oben im Gletscherbecken lockte neben dieser weltweit höchsten Steilflanke auch der Ausblick auf den eisigen Diran mit seinen 7.266m.

Trekking-Food à la Pakistan

In der langgezogenen Marktstraße in Karimabad deckten wir uns mit tollen Dry Fruits ein: sonnengetrocknete Aprikosen, Maulbeeren, frische Cashew- und Walnüsse. In den kleinen Lädchen fanden wir nach einigem Suchen auch Haferflocken, Nudeln, obligatorische Linsen und scharfe Dal-Gewürze. Eine kleine Zwiebel, Knoblauch, eine Portion Ketchup. Wir improvisierten ein bisschen.

So ging es auch weiter: Wir wollten zeitig starten, damit wir den größten Teil des Aufstiegs in der noch kühlen Morgensonne schaffen. Doch wir hatten die Rechnung ohne die Pakistanis gemacht: Ein freundlicher, aber sehr bestimmter Herr aus Peshawar gabelte uns um sieben in der Früh an der Bushaltestelle auf. In gutem Englisch machte er uns unverblümt klar, dass er schon gebetet hätte und nun nur noch Gastfreundlichkeit schenken bräuchte, um all seine religiösen Verpflichtungen für diesen Tag erledigt zu haben. Genau dafür kämen wir ihm nun gerade recht.

Er führte uns die Straße hinunter zu einem Restaurant. Dort bestellte und bezahlte er zwei Frühstücke für uns. Im hinteren Familienbereich sitzend hielten wir gespannt die Straße im Blick, damit wir den Suzuki-Bus nicht verpassen. Der Typ unterhielt sich anschließend nur noch mit dem Kellner und interessierte sich nicht mehr die Bohne für uns: Sein Job war getan. Sehr merkwürdige Situation, aber Milchtee und Rührei schmeckten exzellent.

Auf gehts!

Endlich am Startpunkt im Dörfchen Minapin angekommen, füllten wir unsere Wasserflaschen und suchten uns den Weg ins Tal hinauf. Gleich zu Beginn querten wir einen mächtig tosenden Bergbach, ein flüssiger Vorgeschmack auf den Eisgiganten weiter oben.

Die Transportwege in das Tal hinauf sind gut ausgebaut, denn bis weit über 3.000m wird Almwirtschaft betrieben. So kamen wir an kleinen Steinhäuschen und Almsiedlungen vorbei. Dort fanden wir auch ein willkommenes Schattenplätzchen für eine Snack-Pause mit Gänse-Rendevous.

Der Schatten tat gut, danach wurde es sonnig: sehr sonnig und heiß. Ein schöner Bergpfad schlängelt sich die Hänge mit immer kleineren Büschen hinauf, der letzte Anstieg zum Gletscher-Viewpoint auf gut 3.500m ist nochmal hart. Uli schwitzte sich dabei Bergprofile ins T-Shirt.

Wow, wow. Doppel-Wow. Wir standen, ähnlich wie ein paar Tage zuvor am Nanga Parbat, vor mächtigen Wänden und einer riesigen Gletscherfläche. Dieses Mal jedoch waren wir noch viel näher dran. Wir staunten um die Wette. Zum Basecamp neben dem Gletscher war es nicht mehr weit.

Das Haus ohne Dach

Das Rakaposhi Basecamp ist bewartet. Ein Schäfer zeltet dort oben und bietet sogar Übernachtungsplätze. Mit ihm sind einige Esel, Ziegen und Rinder auf der Weide. Wir durften unser Zelt bei ihm hinterm Stacheldraht aufschlagen und seine Steintische nutzen. Nebenan steht ein gemauertes Klohäuschen ohne Dach: Beim Kacken Sternegucken – wie geil ist das denn?

Wir genossen die Ruhe und die freundliche, zurückhaltende Art des Schäfers. Zum Sonnenuntergang erkundeten wir die Gleschermoräne, aber bald wurde es uns zu frisch und wir verkrümelten uns in die heil-versprechenden Schlafsäcke. Check, das war die erste richtige Trekkingtour in Pakistan – welch wunderbarer Ritt bisher.

Der Schäfer erzählte uns, dass es einen Weg quer über das Gletscherbett gibt. Am anderen Ende sei eine wunderbare Wiese, dort befände sich das Basecamp für die Diran-Besteigung. Wir könnten rübergehen und es uns ansehen.

Unsere Neugierde war natürlich sofort geweckt und mit ihr die Achtung: Alles schon sehr wild hier, Gletscher und Spalten bergen Gefahren. Im weichen Morgenlicht schauten wir über die Moräne und erkundeten vorsichtig das kalte Becken, wagten uns auf dem schuttbedeckten Eis langsam vor, springen über den ein oder anderen Wasserlauf. Irgendwann standen wir mittendrin im ewigen Eis, umzingelt von schneebepackten Bergspitzen.

Zum Diran-Basecamp sind wir nicht gegangen, ganz wohl war uns bei dem Gedanken, uns noch weiter ins Gletscherbecken hinauszuwagen, nicht. Nach dem zweiten Frühstück verabschiedeten wir uns sowohl vom Schäfer als auch diesem großartigen und auch etwas skurrilen Platz.

Mit leichtem Herzen und der Gewissheit, dass der Rush-Lake machbar ist, wanderten wir das Tal wieder hinunter. Unten an der Brücke wurden wir mitgenommen, eigentlich nur geplant bis zum Karakorum-Highway. Unterwegs fiel dem freundlichen Fahrer jedoch ein, dass es ein Stück weiter unten noch einen anderen Rakaposhi-Viewpoint gibt: den müssten wir gesehen haben, er sei wunderbar.

Zurück im liebenswürdigen Wahnsinn

Auf der bequemen Rückbank mit Fahrtwind um die Nase war uns dieser halbstündige Umweg nur recht. Es war klar, dass sich Inshallah eh alles irgendwie fügt und dass gegen die Gastfreundlichkeit der Menschen kein Kraut gewachsen ist, also stimmten wir zu. Einen Milchtee später verabschiedeten wir uns vom Fahrer in der späten Nachmittagssonne.

Für die Rückkehr ins Hostel wollten wir vor Sonnenuntergang noch einen Bus anhalten, der den KKH hinauffährt. Also den Daumen raus. Ein Polizei-Pickup kam vorbei. Stoppte. Ein bärtiger Mann, die Kalaschnikov locker über der Schulter hängend, winkte uns herbei und freute sich. Schwupps luden wir unsere staubigen Rucksäcke auf die Ladefläche und cruisten mit ihm die knapp 60 Kilometer zurück nach Karimabad. Beste Aussicht, frische Luft und Selfie-Time. Danke Mustafa!


Die leichte Wanderung zum Minapin Gletscherbecken beginnt am tosenden Gletscherabfluss. Das Minapin-Tal steigt zu Beginn steil zu einer Almhochebene an. Überall fließt Wasser und macht die Hochebene fruchtbar. Bis zum Gletscher führt ein angenehmer und zum Ende hin anstrengender Bergsteig. Die Belohnung erfolgt sofort: Der Blick und die Kraft des Ortes hauen Dich um.

Mit allem Drum und Dran, wieder ein wundervolles Abenteuer! So ist Pakistan: liebenswürdig anders und absolut unvorhersehbar. Pakistan Zinderbad!

PS: Normalerweise findest Du hier den Link zum Info-Paket zur Tour zum gleich Loswandern. Das Info-Paket ist noch in Arbeit, wird aber pünktlich zur nächsten Wandersaison fertig sein. Schau einfach nochmal vorbei!

Hey, wenn Dir dieser Artikel gefallen hat, dann teile ihn doch gern auf der sozialen Plattform Deiner Wahl!

Wenn Du noch Fragen hast oder deine Erfahrungen teilen möchtest, dann schick uns einfach eine Nachricht an contact@dustyboots.blog oder hinterlasse uns einen Kommentar. Wir helfen Dir gerne weiter.

Dir gefällt dieser Artikel? Dann stürz Dich auf die Share-Buttons ↓ hier unten↓ !

print

Das könnte Dich auch interessieren

Alpenüberquerung vom Kleinwalsertal an den Lago Maggiore

Rush Lake – der höchste Bergsee über den Gletschern Pakistans

Fairy Meadows – der einfache Weg zum Nanga Parbat