Da saß ich im Sonnenuntergang und hatte die Hosen gestrichen voll. Ja, dieser erste Abend auf der Benediktenwand war nicht ganz entspannt. Schaffe ich das? Auf was hab ich mich da eingelassen? Dann noch allein? Aber solche Gedanken sind verlässliche Vorboten eines großen Abenteuers. Und das wurde es wahrlich auch.
Das Ziel lautete: Einfach immer weiter gehen. Schauen, was sich hinter der nächsten Bergkette verbirgt. Nicht umkehren müssen. Nach Süden bis die Berge zu Ende sind. Bis das Meer kommt. Wie super ist das denn? Diese Idee faszinierte mich schon lange. So packte ich im Sommer 2013 mein Rucksack, lief los auf dem Traumpfad in Richtung Süden und verlor dabei mein Herz an Fernwanderwege und Apfelstrudel.
Das Infopaket zur Tour:
Wenn Du gleich zu den Hardfacts springen willst. In unserem Infopaket findest Du alles was Du zum gleich Loswandern brauchst.
Alpenüberquerung – Was ist das?
Du wanderst einfach los von Deutschland aus gesehen immer nach Süden – oder umgekehrt. Da kommen erst die bayerischen Voralpen, dann das Karwendel, dann der Alpenhauptkamm, dann die Dolomiten und zum Schluss die Belluneser Voralpen. Das war’s dann mit den Bergen, danach kommt das Mittelmeer.
Für eine Alpenüberquerung brauchst Du gute drei Wochen Zeit, einen Rucksack und gute Wanderschuhe. Du wanderst von Hütte zu Hütte, über Scharten und Jöcher, durch Täler und Wälder. Die Tagesetappen variieren, entweder ist es kurz und steil oder lang und flach. Von Forststraße bis Kraxelstelle ist alles dabei, aber zum überwiegenden Teil ist es einfach eine lange Wanderung.
Es gibt viele Wege über die Alpen. Eine sehr bekannte Strecke ist der “Traumpfad” vom Münchner Marienplatz zum Markusplatz in Venedig. Populär ist auch der E5 von Oberstdorf nach Meran, aber da verpasst Du die ganzen Dolomiten. Auf alpenquerung.info findest Du noch einige andere Strecken in der Übersicht.
Reduziere Dich und sei frei
Gleich am zweiten Tag wollte ich zuviel, ich dachte ich schaffe zwei Etappen direkt bis zum Karwendelhaus. Unterwegs verirrte ich mich aber und verlor dazu noch meine Isomatte. Letztendlich kehrte ich demütig und mit brennenden Füßen wieder nach Vorderriß zurück. Mir wurde klar: “höher, schneller, weiter” braucht es nicht.
Als ich dann auf dem Hohen Riffler stand, gab es für mich kein Halten mehr. Mein Herz lief über und die Freudentränen kullerten. Dieser Rhythmus: “aufstehen, frühstücken, einen Berg besteigen” machte mich glücklich. Weitere emotionale Momente reihten sich von da an wie eine Perlenkette aneinander auf.
Du brauchst nichts, hast alles dabei.
Du bist frei!
Von den Dolomiten hatte ich schon viel gehört und tolle Bilder gesehen, aber ich hatte sie noch nie selbst besucht. Der Traumpfad führt lange durch die westlichen und südlichen Dolomiten und sie sind “alpine Eye-Candy” pur. Ich kam aus dem Staunen einfach nicht mehr heraus. Diese Berge sind der Hammer. Es ist einfach wunderschön!
Vom Gehen
Gehen ist Meditation. Mit der Zeit erkannte ich meinen Rhythmus. Atem- und Schrittfolge liefen synchron. War es steil, war es anstrengend, wurde mein Kopf leer. Auf flachen Wegabschnitten segelte mein Geist davon, ich ließ ihn ziehen. Irgendwann war das Wegstück zu Ende und meine Gedanken kehrten zurück, das Thema erledigt. Das ist er also, der “Gedankengang” 😉
Besonders faszinierte mich die zunehmende Ruhe in mir. Ich setzte mich hin und schaute mich um: Im Kopf herrschte absolute Stille. Es gab nichts, was zu erledigen war, keine Termine, keine Todo-Liste. Ich war nicht im Tal, ich war hoch oben. Es gab mich und meinen Weg und die Stille. Und das ist die Welt!
Freunde fürs Leben
Mit mir waren noch ein paar andere Menschen auf dem gleichen Weg unterwegs. Abends trafen wir uns in den Hütten wieder, freuten uns aufeinander. Tagsüber gingen alle ihr Tempo, manchmal sahen wir uns kurz oder auch erst wieder am übernächsten Tag.
Dagmar ging mit über siebzig Jahren alleine los. Eines Abends gegen Ende der Tour kam Renate an der Hütte an: Wuselte herum, übertrug ihre Werte aus der GPS-Uhr. Sie ging die Tour in zwei Wochen, startete jedoch in Augsburg. An diesem Abend lernte ich noch einen kalifornischen Pfarrer kennen, der seinem Neffen die Dolomiten zeigte. Zu guter Letzt stand ich mit Jenny am Mittelmeerstrand und wir grinsten um die Wette.
Auch wenn jeder von uns sein eigenes Abenteuer erlebte, so flocht sich doch ein Band der Freundschaft zwischen uns. Bestärkt wurde es durch einige Weißbiere und später Rotweine am Abend und der Kegelpartie im Sonnenuntergang auf der Kreuzwiesenhütte.
Die Alpen schmecken
In Bayern gibts den Schweinsbraten, in Tirol die Knödel, in Südtirol den Speck und in Italien die Polenta. Die Küche in den Alpen variiert, jeden Abend gab es eine neue Kostprobe. Apfelstrudel wird überall angeboten, in Italien heißt er Strudel di Mele. Wann immer sich die Gelegenheit ergab, hab ich mir einen gegönnt, natürlich mit Sahne!
In Sankt Johann im Pfitschertal findet Ihr den besten Apfelstrudel der Welt. Das Dörfchen liegt eigentlich nicht auf der Strecke, aber meine leere Vesperbox hat mich zu diesem Abstecher gebracht. Und es war der leckerste Umweg der Tour.
Mein Tempo
Die Alpenüberquerung auf dem Traumpfad von München nach Venedig umfasst 22.000 Höhenmeter, die bezwungen werden wollen. Jeden Tag sind es rund 1.000 Höhenmeter, die auf mich warteten. Ich spürte mich, wie mein Blut durch mein Körper gepumpt wurde. Langsam erwachte in mir das Gespür für meine Geschwindigkeit.
Meine persönliche Geschwindigkeit ist keine Konstante, sondern variiert je nach Weg, Wetter und Stimmung. Atem, Schritt und Herzschlag ergeben dann eine Harmonie, so kann ich ewig weiter gehen.
Die eigene Geschwindigkeit ist die ökonomischste Art zu Gehen. Klar, wenn Du jemandem hinterher hechelst, bist Du bald platt. Aber auch wenn Du langsamer gehst, damit der andere nicht hecheln muss, dann nutzt Du Dein Schwung nicht richtig aus und ermüdest so auch schneller. Gehe Dein Tempo und der Tag gehört Dir.
Wer geht den Traumpfad?
Es gibt mindestens drei Gruppen von Wanderer auf dem Traumpfad:
- Alles-Geher: sie starten in München und gehen bis Venedig und zwar jeden Meter zu Fuß.
- Bergsteiger: sie wandern durch und auf die Berge, im Tal mal einen Bus – warum auch nicht? Dafür nehmen sie auch gerne die Gipfel, die am Weg liegen, mit.
- Etappen-Geher: sie wandern den Traumpfad Stück für Stück über mehrere Bergurlaube hinweg. Meist gehen sie eine Woche und sind als Gruppe unterwegs.
Belluno und das Meer
So gingen die Tage ins Land, ich wanderte durchs Karwendel, die Tuxer Alpen, durch die Dolomiten zu den Belluneser Alpen. Am 21. Tag stieg ich auf den letzten Gipfel: die Schiara. Dort oben zieht Dir die Aussicht dann endgültig die Schuhe aus!
Im Norden siehst du die vielen Berge, wo Du herkommst. Im Süden dann nichts mehr, flach, das Ende der Alpen, Meer. Unglaublich! Es ist nicht zu fassen, aber wunderschön. Noch heute bekomme ich Gänsehaut, wenn ich an diesen Moment zurückdenke.
Am Ende wartete ein besonderer Leckerbissen: der Abstieg durch die Schiara. Ein alter Klettersteig durch die wilde Südwand. Für mich ein würdiger Abschluss. Am Refugio 7° de Alpini gabs dann den letzten Apfelstrudel und einen Schnaps. Ich hatte es geschafft und sank alsbald in ein wohlverdientes Mittagsschläfchen.
Der Abstieg nach Belluno zog sich noch ein wenig, aber hey – was soll’s? Abends traf ich mich mit den anderen und wir hatten ein leckeres Picknick auf der Plaza mit gutem Rotwein, glücklichen Gesichtern und Eis. Viel, viel Eis.
Gedanken zur Alpenüberquerung auf dem Traumpfad
Der Traumpfad von Ludwig Grassler führt Dich über einen wunderschönen Weg durch die Alpen. Ich hatte mich für den Bergteil entschieden, also von Bad Tölz nach Belluno. Die Strecke ist harmonisch abgestimmt und in drei Wochen hast Du die Alpen von Norden nach Süden überschritten. Dann hast Du gute 22.000 Höhenmeter und rund 350 Kilometer Weg in den Waden.
Du bist fit.
Du bist ausgeglichen.
Du bist glücklich.
Mein Rat an Dich, wenn Du auch davon träumst:
Mach es!
Geh los!
Lebe Dein Traum!
Es ist wunderbar.
Das Infopaket zur Tour:
Wenn Du gleich zu den Hardfacts springen willst. In unserem Infopaket findest Du alles was Du zum gleich Loswandern brauchst.
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